Schaufensterkrankheit

Herz- und Gefäßkrankheiten sind die Haupttodesursache in Deutschland. Jedes Jahr sterben mehr als 350.000 Menschen an den Folgen dieser Erkrankungen. Im Alter zwischen 55 und 65 Jahren leidet etwa jeder Zehnte an einer Verengung der Schlagadern im Becken- und Beinbereich. Diese Krankheit bezeichnet man als periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK). In Deutschland sind etwa 1,5 Millionen Menschen davon betroffen, jedes Jahr kommen etwa 120.000 Neuerkrankungen dazu. Als Folge der Erkrankung müssen jährlich bei etwa 35.000 Personen Gliedmaßen amputiert werden.

 

 

Risikofaktoren

 

Ursache der arteriellen Verschlusskrankheit sind Ablagerungen an den Innenwänden der Schlagadern, die diese zunehmend verengen und den Blutfluss behindern. Organe und Muskeln, die sich hinter diesen Verengungen befinden, werden nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Die Verengung der Schlagadern wird durch eine Reihe von Risikofaktoren gefördert. Dazu zählen vor allem die Zuckerkrankheit, Fettstoffwechselstörungen, hoher Blutdruck, Rauchen und Bewegungsmangel. Beim Vorliegen mehrerer Risikofaktoren schreitet die Erkrankung schneller voran.

 

 

Erste Anzeichen

 

Schmerzende Beine sind die ersten Anzeichen der Krankheit. Die betroffenen Patienten sind gezwungen, schon nach einer kurzen Gehstrecke eine Pause einzulegen. Während des Gehens benötigt das Bein sauerstoffreiches Blut, das durch eine verstärkte Durchblutung der Beine zur Verfügung gestellt wird. Wegen der krankhaften Blutgefässverengung kann die Durchblutung aber nicht ausreichend gesteigert werden. Die Patienten müssen daher stehen bleiben, bis wieder ausreichend sauerstoffreiches Blut durch die Beine fließt, die im Ruhezustand weniger Energie benötigen. Bei einem Stadtspaziergang gehen die Betroffenen von Schaufenster zu Schaufenster, da sie so unbemerkt Pausen einlegen können, bis der Schmerz im Bein nachlässt. Man spricht deshalb von der Schaufensterkrankheit.

 

 

Krankheitsverlauf

 

  • Stadium 1: Keine Beschwerden. Eine teilweise Einengung der Arterien ist durch den Arzt feststellbar
  • Stadium 2: Belastungsschmerz. Mangeldurchblutung führt bei längerem Gehen zu starken Schmerzen, die zum Stehenbleiben zwingen. Der Schmerz lässt dann nach wenigen Minuten nach. (Stadium 2a: Schmerzen bei Strecken über 100 Meter; Stadium 2b: Schmerzen bei Strecken unter 100 Meter)
  • Stadium 3: Ruheschmerz. Der Ruheschmerz ist durch eine dauerhafte Mangeldurchblutung bedingt
  • Stadium 4: Geschwüre und Nekrosen. Durch den Verschluss einzelner Arterien kommt es zum Absterben von Gewebe. Das beginnt meist an den Zehen und kann mit oder ohne Ruheschmerz auftreten. Minimale Verletzungen wie kleine Hautrisse, Fußpilz oder Blasen können diesen Prozess begünstigen.

 

Behandlungsmethoden

 

Eine frühzeitige Diagnose ist bei der arteriellen Verschlusskrankheit sehr wichtig. Bei rechtzeitiger Behandlung kann eine Operation oder eine Amputation vermieden werden. Im Frühstadium kann man die Erkrankung durch ein gezieltes Ausschalten von Risikofaktoren behandeln: Eine vorliegende Zuckerkrankheit oder Fettstoffwechselstörungen müssen medikamentös eingestellt, Bluthochdruck behandelt und das Rauchen aufgegeben werden. Bei etwa dreißig Prozent der Patienten bringt ein zusätzliches aktives Bewegungstraining Besserung. Wenn ein Training nicht absolviert werden kann, wird medikamentös behandelt, beispielsweise mit

Thrombozytenaggregationshemmern. Sie „verdünnen“ das Blut und beugen dadurch Blutgerinnseln und Gefäßverschlüssen vor.

 

 

Bewegungstraining und Gefäßsport

 

Gehtraining ist eine effektive und einfache Behandlungsform bei der pAVK. Der menschliche Körper ist anpassungsfähig und kann sich an Belastung und Ruhe gewöhnen. Bei fehlender Belastung verlangsamen sich die physiologischen Prozesse: Die Blutzirkulation verlangsamt sich, die Muskulatur verliert an Spannung und die Gelenke werden steif. Ziel des Gehtrainings ist es, die Blutzirkulation zu steigern und den Körper an Belastung zu gewöhnen. Man unterscheidet zwischen der Vorbereitungszeit und dem eigentlichen Gehtraining. In der Vorbereitungszeit wird mit Gymnastik und Rollübungen mit einem Holzstab die eigene Kraft aktiviert sowie die Durchblutung und Beweglichkeit der Beine und Füße gesteigert. Das eigentliche Gehtraining beginnt mit einer sechswöchigen Gewöhnungsphase, in der ein aufeinander aufbauendes Programm absolviert wird:

 

In der ersten Woche beginnt man mit täglich fünfzehn Minuten Gehtraining. In dieser Phase soll gelernt werden, dass man stehen bleibt, kurz bevor Schmerzen auftreten. Nach drei Minuten Pause wird das Gehen dann fortgesetzt.

 

In der zweiten und dritten Woche soll der Patient seinen eigenen Rhythmus finden.

 

In der vierten Woche wird das Training auf täglich zwanzig Minuten gesteigert, in der fünften Woche auf fünfundzwanzig Minuten. Das Schritttempo sollte variiert werden, um eine geeignete Geschwindigkeit zu finden. Es ist wichtig, nicht gegen Schmerzen anzugehen, sondern Pausen einzuhalten. Denn durch das Stehenbleiben wird die Beindurchblutung verbessert.

 

In der sechsten Woche, in der das Gehtraining auf täglich dreißig Minuten gesteigert wird, kann sich der Patient eine schöne Spazierstrecke aussuchen, die er regelmäßig geht.

 

Das Gehtraining ist eine dauerhafte Maßnahme, die man nicht vernachlässigen sollte, wenn man Erfolg erzielen möchte.